Das Ende einer Schwangerschaft birgt viele Höhen und Tiefen, Energieschübe und Erschöpfung, aber auch Vorfreude und Unsicherheiten. „Wann und wie wird die Geburt losgehen?“ „Bin ich bereit, in Kürze Mama oder Papa zu sein?“ Oder: „Was ist, wenn die Geburt nicht von allein beginnt?“
Auf die letztere Frage möchte ich in diesem Blogbeitrag genauer eingehen, nämlich das Thema der Geburtseinleitung. Diese ist oft von Vorurteilen, Mythen und Unsicherheit begleitet. Dabei kann sie in gewissen Situationen ein hilfreicher und genauso kraftvoller Weg in die Geburt sein wie der spontane Wehenbeginn.
Was ist eine Geburtseinleitung?
Eine Geburtseinleitung bedeutet, dass mittels eines “kleinen Anstoßes” von außen durch unterschiedliche Methoden der weibliche Körper angeregt wird, Wehen zu produzieren und die Geburt zu starten. Eine Geburt ist ein komplexes Zusammenspiel im weiblichen Körper, bei dem die Hormonausschüttung, welche auch durch eine solche Einleitung angeregt wird, eine tragende Rolle spielt.
Geburtseinleitungen kamen Österreich und Deutschland in den letzten Jahren nach einer Nutzen-Risiko Abwägung häufiger vor, und betrafen etwa jede 4. Frau. Studien haben gezeigt, dass eine solche Maßnahme jedoch nicht mit einer erhöhten Kaiserschnittrate einhergeht. Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass es sich hierbei um eine Intervention in einem natürlichen Prozess handelt.
Welche Methoden der Geburtseinleitung gibt es?
Man unterscheidet mechanische und medikamentöse Maßnahmen, welche in Österreich und Deutschland größtenteils in Krankenhäusern stattfinden und somit meist mit einem stationären Aufenthalt verbunden sind. Weiters gibt es auch alternative Methoden, welche den Beginn der Wehentätigkeit und der Geburt anregen können.
Das Wichtigste vorerst: Ganz gleich welche Methode, es ist ganz normal, dass dieser Prozess Zeit und Geduld erfordert. Manchmal kann es dauern bis der Körper wirklich bereit ist, in die Geburt zu starten. Daher kann eine Einleitung schon mal 3- 4 Tage dauert. In dieser Zeit variiert man auch oft in den Methoden, die angewandt werden.
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Alternative Methoden: Diese können zuhause in Absprache mit Fachpersonal wie deiner Hebamme oder Gynäkolog*in versucht werden, z.B. bei Terminüberschreitung einer unkomplizierten Schwangerschaft. Dazu zählen beispielsweise: Einlauf, Rizinusöl, Nelkenöltampons, Geschlechtsverkehr, Brustwarzenstimulation, homöopathische Verfahren oder Akupunktur. Es handelt sich dabei jedoch größtenteils um Erfahrungswissen. Für eine generelle Aussagen zu diesen Maßnahmen gibt es bisher noch zu wenige Studien.
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Mechanische Methoden: Bei mechanischen Methoden wird der Muttermund durch gezielte Manipulation stimuliert und gedehnt, um die körpereigene Hormonproduktion anzuregen. Zu diesen Methoden gehört beispielsweise die sogenannte Eipollösung – eine Art „Massage“ des Muttermundes, die ambulant durchgeführt werden kann. In der Klinik kommen außerdem Ballonkatheter zum Einsatz: Dabei wird ein Katheter in den Gebärmutterhals eingeführt, dort platziert und anschließend mit etwas Wasser gefüllt, um sanften Druck auszuüben. Ähnlich wirken Dilatationsstäbchen, die in den Gebärmutterhals eingelegt werden und sich nach und nach ausdehnen. Meist eher im Laufe einer Geburt angewandt, aber unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, ist auch eine Eröffnung der Fruchtblase zur Einleitung der Geburt.
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Medikamentöse Methoden: Zu dieser Methode werden hormonähnliche Medikamente eingesetzt, die die körpereigene Hormonproduktion anregen sollen. Diese Medikamente sind in unterschiedlichen Darreichungsformen und Dosierungen erhältlich – etwa als Vaginalgel, Tabletten zum Einführen nahe des Muttermundes, dünne tamponähnliche Bändchen, Tabletten zum Schlucken oder als Infusion.
Welche Methode schließlich angewandt wird, entscheidest du gemeinsam mit dem Fachpersonal. Wichtige Faktoren bei der Auswahl sind unter anderem, wie weit der Muttermund bereits geöffnet ist, in welcher Schwangerschaftswoche du dich befindest, ob du schon einmal ein Kind geboren hast und ob du in der Vergangenheit einen Kaiserschnitt hattest.
Gründe für eine Geburtseinleitung
Es gibt unterschiedliche Gründe für eine Geburtseinleitung. Klassische Gründe sind eine Terminüberschreitung oder ein vorzeitiger Blasensprung ohne einsetzende Wehen. Auch medizinische Indikationen können eine Einleitung erforderlich machen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist sie zudem auf Wunsch der werdenden Mutter möglich, etwa bei besonderen Belastungen.
· Terminüberschreitung:
Laut aktuellen Empfehlungen (Guidelines) wird etwa zehn Tage nach dem errechneten Geburtstermin zu einer Einleitung geraten, da mit zunehmender Dauer das Risiko einer verminderten Versorgung des Babys steigt. Oft kann vorab auch mit alternativen Methoden versucht werden, die Wehentätigkeit anzuregen.
· Vorzeitiger Blasensprung:
Nach einem Fruchtwasserabgang setzen in den meisten Fällen innerhalb von 24 Stunden die Wehen ein. Bleiben diese jedoch aus, sinkt die Wahrscheinlichkeit für einen natürlichen Geburtsbeginn deutlich, während gleichzeitig das Infektionsrisiko steigt. Deshalb empfehlen Fachgesellschaften eine Einleitung der Geburt 12 bis 24 Stunden nach einem vorzeitigen Blasensprung.
· Medizinische Indikation:
Bestimmte Befunde, die im Laufe der Schwangerschaft festgestellt werden, oder mütterliche Grunderkrankungen können eine Einleitung notwendig machen. Dazu gehören etwa zu viel oder zu wenig Fruchtwasser, ein besonders kleines oder großes Baby, aber auch Erkrankungen der Mutter wie Diabetes oder Bluthochdruck.
· Wunsch der Mutter:
Grundsätzlich wird eine Einleitung möglichst nur bei medizinischer Notwendigkeit durchgeführt, um so wenig wie möglich in den natürlichen Verlauf von Schwangerschaft und Geburt einzugreifen. In manchen Fällen gibt es jedoch persönliche Gründe, die nach ausführlicher Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt eine Einleitung rechtfertigen können.
Was erwartet dich?
In der Regel wirst du für eine Einleitung zunächst in der Klinik aufgenommen, erhältst ein Zimmer auf der Station und wirst dort eingehend untersucht. Dabei werden die Herztöne deines Babys kontrolliert und die Weite des Muttermundes durch eine vaginale Tastuntersuchung überprüft. Zusätzlich wird meist ein Venenzugang gelegt.
Nach einem ausführlichen Informationsgespräch erhältst du ein Medikament oder eine mechanische Methode wird gestartet. Je nach Präparat kann die Gabe nach einem festgelegten Zeitfenster wiederholt oder auf ein anderes Mittel umgestellt werden. Während des gesamten Prozesses werden die Herztöne deines Babys regelmäßig überwacht.
Die Wehen beginnen – wie auch bei einer spontanen Geburt – sehr individuell: manchmal langsam und stetig ansteigend, manchmal plötzlich und intensiv; manche Frauen spüren sie vor allem im Rücken, andere als nach unten ziehenden Schmerz im Unterbauch. Sobald es „richtig“ losgeht, darf dein*e Partner*in selbstverständlich zur Unterstützung mit dabei sein.
Aus meiner Erfahrung als Hebamme habe ich zwei häufige Unterschiede bei eingeleiteten Geburten wahrgenommen: Zum einen werden Frauen oft schneller ungeduldig, da die Wartezeit in der Klinik als belastend empfunden werden kann und die Ungewissheit auch psychisch herausfordernd sein kann. Zum anderen beginnt der Körper manchmal mit sogenannten Vorwehen, die noch keinen Einfluss auf den Muttermund haben. Aber keine Sorge: Es gibt viele Möglichkeiten, dir die Wartezeit und eventuelle Schmerzen zu erleichtern, ob mit alternativen Methoden oder medikamentöser Unterstützung.
Mythen, wie dass eine eingeleitete Geburt grundsätzlich schmerzhafter oder schneller wäre, lassen sich übrigens nicht bestätigen – jede Geburt ist einzigartig und verläuft ganz individuell.
Hebammentipps:
· Es ist dein Körper.
Deshalb ist es wichtig, dass du eine informierte, gemeinsame Entscheidung mit dem Fachpersonal triffst. Vertraue aber gleichzeitig darauf, dass die Ärzt*innen und Hebammen an deiner Seite ihre Empfehlungen mit viel Erfahrung und Wissen geben.
· Habe Geduld!
Mach dich darauf gefasst, dass es eine Weile dauern kann, bis es richtig losgeht. Umso schöner ist dann die Überraschung, falls es doch schneller vorangeht, als du gedacht hast.
· Achte auf dich.
Eine Geburtseinleitung kann auch psychisch belastend sein. Versuche dich deshalb so gut es geht abzulenken, ausreichend zu schlafen und genug zu essen und zu trinken. Und ganz wichtig: Sprich immer wieder mit dem Gesundheitsteam vor Ort. Sie sind für dich da und hören sich gerne deine Sorgen, Fragen oder Ängste an.
· Meine Empfehlung für deine Kliniktasche:
Pack dir etwas ein, womit du dir die Wartezeit angenehmer machen kannst – zum Beispiel ein gutes Buch, eine Zeitschrift, deinen Laptop oder ein Tablet mit Filmen, Serien oder Musik. Ohrstöpsel können in der Klinik ebenfalls sehr hilfreich sein, da es vorkommen kann, dass du dir das Zimmer mit einer anderen Frau teilst, die vielleicht schon ihr Baby bei sich hat. Denk daran: Du sollst dich so gut es geht ausruhen und Kraft tanken! Nimm auch gerne persönliche Dinge mit, die dir guttun, dir Kraft geben oder dich entspannen.
Fazit: Wie schon zu Beginn erwähnt – in der Geburtshilfe lässt sich kaum etwas planen. Jede Schwangerschaft, jede Geburt und jeder Mensch sind einzigartig. Eine Geburtseinleitung ist keine Ausnahme, sondern ein möglicher Weg unter vielen. Lass dich nicht von Vorurteilen oder Unsicherheiten verunsichern. Höre auf dein Gefühl, stelle deine Fragen – und vertraue auf die Erfahrung des geburtshilflichen Teams, das dich begleitet.
Ob eingeleitet oder spontan – du wirst diese Geburt schaffen. Auf deine Weise, in deinem Tempo. Glaub an dich.

Unsere Gast-Autorinnen
Esther und Sophie sind zwei Hebammen aus Österreich. Die gemeinsame Arbeit und Zeit in einer Wiener Klinik hat die beiden so sehr verbunden, dass aus Kolleginnen gute Freundinnen wurden. Anlässlich der Corona Pandemie und dem Umzug von Esther nach Linz, haben die beiden beschlossen, einen kompakten, aber umfangreichen online Geburtsvorbereitungskurs für werdende Eltern zu entwickeln und aufzunehmen.
Während Esther derzeit in einer Linzer Klinik zwischen Kreißsaal, Wochenbett und Ambulanz wechselt und auch Mama eines kleinen Sohnes ist, arbeitet Sophie noch im gleichen Krankenhaus in Wien im Kreißsaal und der Ambulanz, und studiert nebenher „Public Health“. Die beiden sind auch freiberuflich in der Schwangerenvorsorge und Wochenbettnachsorge in ihrer jeweiligen Umgebung tätig.
Die beiden Hebammen sind auch auf Instagram mit ihrem Account _informed.motherhood_ unterwegs, und ihren online Geburtsvorbereitungskurs findet ihr unter www.informed-motherhood.at.