Inkontinenz. Etwas, mit dem man leben muss oder gibt es einen Ansatz, um es zu verbessern? Bin ich damit alleine? Es sind doch nur ein paar Tröpfchen. Das wird schon wieder, wenn ich ein bisschen warte.
All diese Aussagen stammen von Frauen, die an einer Beckenbodenschwäche leiden. Doch Achtung: Inkontinenz kann auch von einem verspannten Beckenboden kommen. In diesem Blogartikel erfährst du, wie es zur Stressinkontinenz kommt, welche Ursachen es gibt und was du dagegen tun kannst.
Über 70 % der Frauen sind von Stressinkontinenz betroffen – du bist also definitiv nicht allein. Doch warum sind so viele betroffen? Weil kaum darüber gesprochen wird. Doch hier erfährst du erste Übungen, um deinen Beckenboden zu kräftigen und zu schützen.
Bin ich betroffen?
Beantworte für dich selbst folgende Fragen:
- Verlierst du beim Husten, Niesen oder Lachen ab und an ein paar Tröpfchen?
- Hast du Einlagen als Prävention in deinem Höschen?
- Spürst du ein Druckgefühl nach unten oder hast Schmerzen im unteren Beckenbereich?
- Leidest du unter Rückenschmerzen oder macht dich schon der Gedanke an Trampolinspringen nervös?
Falls du einige dieser Fragen mit “Ja” beantwortet hast, könnte dein Beckenboden instabil sein.
Warum entsteht Stressinkontinenz?
Stressinkontinenz entsteht durch eine Überlastung des Beckenbodens. Ursachen können sein:
- Schwangerschaft
- High-Impact-Sportarten
- Kraftsport
- Genetische Veranlagung
- Körperlich anstrengende Berufe
- Starkes Pressen beim Toilettengang
Inkontinenz betrifft nicht nur ältere Personen, sondern auch Frauen in der Schwangerschaft oder nach der Geburt. Es ist ein Mythos, dass sich Inkontinenz von selbst zurückbildet. Ein gezieltes, therapeutisch angeleitetes Training ist notwendig, um die Muskulatur wieder zu kräftigen.
Ein stufenweiser Plan zur Beckenbodenstärkung
Schritt 1: Deinen Beckenboden kennenlernen
Der Beckenboden schließt unser Becken wie das Fundament eines Hauses nach unten ab. Viele wissen gar nicht, wie essenziell diese Muskeln sind. Stell dir deinen Beckenboden wie eine Waschmaschine vor: Immer im Einsatz, aber oft unbeachtet – bis sie nicht mehr richtig funktioniert.
GOOD TO KNOW
- Der Beckenboden ist ein Wunderwerk und zählt zu den wichtigsten Muskelgruppen.
- Er besteht aus drei Muskelschichten, die in verschiedene Richtungen ziehen.
- Er verschließt das Becken und stabilisiert die gesamte Rumpfkapsel.
Schritt 2: Ganzkörpertraining für den Beckenboden
Der Beckenboden wird durch den gesamten Körper beeinflusst – von den Füßen bis zum Kopf.
- Füße: Das Fußgewölbe wirkt als Stoßdämpfer. Ist es zu flach, leidet der Beckenboden unter jedem Schritt. Aber gute Nachrichten: Das Fußgewölbe kann trainiert werden!
- Beinachse: O-Beine oder X-Beine beeinflussen die Beckenstellung und damit den Beckenboden. Beinachsentraining kann helfen.
- Haltung: Ein starkes Hohlkreuz oder ein Rundrücken erschweren die Funktion des Beckenbodens. Eine neutrale Haltung ist ideal.
- Rumpftraining: Der Beckenboden arbeitet mit Bauch- und Rückenmuskeln sowie dem Zwerchfell zusammen – unser “Haus” braucht ein stabiles Fundament, stabile Wände und ein funktionierendes Dach.
- Kiefer & Kopf: Zähneknirschen kann mit einer Anspannung im Beckenboden zusammenhängen. Entspannungsübungen für den Mundraum können helfen.
Schritt 3: Wahrnehmung trainieren
Ohne gute Wahrnehmung kannst du deinen Beckenboden nicht nachhaltig kräftigen. Probiere die “Ampel-Übung”:
- Stelle dir vor, jede Körperöffnung hat eine eigene Ampel.
- Lerne, die Muskeln gezielt anzusteuern.
Welche Übungen helfen bei einem schwachen Beckenboden?
Ein überlasteter Beckenboden benötigt ein sanftes, strukturiertes Training:
- Finde heraus, was die Ursache für deine Beschwerden ist (z. B. mit einer Expertin).
- Starte mit einer konkreten Strategie, anstatt nur einzelne Übungen zu machen.
- Setze auf Qualität statt Quantität – saubere Übungsausführung ist entscheidend.
Unsere Top 3 Übungen für den Beckenboden:
Die Ampel-Übung – zur besseren Wahrnehmung
Stell dir vor, jede deiner drei Körperöffnungen hat eine eigene Farbe:
🔴 Harnröhre = Rot
🟡 Vagina = Gelb
🟢 After = Grün
Nun spür bewusst in deinen Beckenboden hinein und stelle dir Folgendes vor:
- Spanne zuerst die Harnröhre an – das rote Licht blinkt auf.
- Dann die Vagina – das gelbe Licht beginnt zu leuchten.
- Zum Schluss den After – jetzt leuchtet auch das grüne Licht.
Halte die Spannung für ein paar Sekunden, dann lass langsam wieder los – und beobachte, wie die Lichter der Reihe nach wieder erlöschen.
🔁 Du kannst:
- Die Farben nacheinander „anschalten“
- Oder sie gemeinsam leuchten lassen – also alle drei Bereiche gleichzeitig aktivieren
- Auch im Rhythmus an- und ausschalten, wie ein sanftes Blinklicht
🎶 Tipp: Stell dir dabei einen inneren Rhythmus oder Atemfluss vor – so findest du leichter in eine fließende, bewusste Bewegung.
Diese Übung stärkt nicht nur deine Muskulatur, sondern auch dein Körpergefühl und deine Verbindung zum Beckenboden. ✨
Käfer – für die Rumpfstabilität
Der Käfer an der Wand – für die Rumpfstabilität
Eine einfache und unglaublich effektive Übung – für deinen Beckenboden und die gesamte Beckenmuskulatur!
🔸 So funktioniert’s:
Lege dich auf den Rücken, stelle die Füße hüftbreit auf und bringe die Arme entspannt neben den Körper. Stell dir vor, du bist ein kleiner Käfer, der an der Wand hochkrabbelt. 🐞
- Hebe dein Becken langsam an – Wirbel für Wirbel.
👉 Atme dabei aus und aktiviere bewusst deinen Beckenboden (als würdest du Harn zurückhalten). - Senke dein Becken wieder ab – Wirbel für Wirbel.
👉 Atme ein und entspanne den Beckenboden ganz bewusst. - Wiederhole den Bewegungsfluss langsam und kontrolliert, gern im Einklang mit deinem Atem – für ca. 8–10 Wiederholungen.
💡 Warum diese Übung so gut ist:
- Sie stärkt deinen Beckenboden im Zusammenspiel mit Rücken, Gesäß und Bauch.
- Sie verbessert dein Körperbewusstsein und bringt dich in die Ruhe & Atmung.
- Ideal auch als sanfter Einstieg oder Abschluss deines Training
Der Schmetterling – für Beckenboden-Entspannung
Diese sanfte Übung hilft dir, Spannung im Becken loszulassen, die Hüften zu öffnen und deinen Beckenboden besser wahrzunehmen – ganz ohne Druck.
🔸 So funktioniert’s:
- Setze dich aufrecht hin, gerne auf eine gefaltete Decke oder ein Kissen.
- Bringe die Fußsohlen aneinander, sodass sich deine Knie nach außen sinken lassen.
- Finde eine bequeme, aufrechte Haltung – Schultern locker, Gesicht entspannt.
Jetzt hast du zwei Möglichkeiten:
🔹 Statisch:
Lass die Knie einfach nach außen sinken – ohne zu drücken, sondern mit der Schwerkraft arbeiten.
👉 Schließe die Augen und lenke deine Aufmerksamkeit zum Beckenboden.
Atme ruhig ein – beim Ausatmen bewusst loslassen.
🔹 Dynamisch:
Lass die Knie sanft „flattern“, wie die Flügel eines Schmetterlings.
👉 Bleibe dabei entspannt im Oberkörper.
Spüre, wie sich dein Beckenboden bei der Bewegung rhythmisch mitbewegt und lockert.
💛 Wirkung:
- Löst sanft Spannung im Beckenboden und in den Hüften
- Fördert die Durchblutung im Beckenraum
- Hilft dir, loszulassen und bewusst in den Körper hineinzuspüren
Der Beckenboden ist ein wichtiger Bestandteil unseres Körpers, der weit mehr beeinflusst als “nur” die Kontinenz. Mit gezieltem Training und einem ganzheitlichen Ansatz kannst du deine Beschwerden lindern und deinen Beckenboden langfristig stärken. Beginne jetzt – dein Körper wird es dir danken!

Unsere Gast-Autorinnen
Wir sind Judith und Magdalena, Gründerinnen von PelviQueens! Unser Ziel: Frauen in ihrer Gesundheit zu stärken! Über die Jahre als selbständige Physiotehrapeutinnen durften wir viele Frauen begleiten und sehen, wie wichtig es ist, den Beckenboden ohne Scham und mit Freude zu trainieren.
Mit PelviQueens haben wir einen Ort geschaffen, an dem du flexibel, in deinem eigenen Tempo und von überall aus deinen Beckenboden stärken kannst. Wir möchten dich dabei unterstützen, dich in deinem Körper wohl und gestärkt zu fühlen – unabhängig von Ort und Zeit.
Foto: Michael Kepplinger