Geburtsvorbereitung

Neun Monate bereitet sich dein Körper auf DAS Ereignis Geburt vor. Dann ist es endlich soweit: Die Natur– also dein Körper, deine Seele, dein Instinkt, dein Baby– weiß genau was zu tun ist. Das Vertrauen auf den natürlichen Verlauf ist ein absolut wichtiger Aspekt, dennoch erscheint es bei einem solch einschneidenden Ereignis sinnvoll auf verschiedene Situationen vorbereitet zu sein und sich mit Körper und Seele auseinander zu setzen.

Parallelen zur Geburt finden sich immer wieder im Marathonlauf oder Bergaufstieg. Stell dir vor, du möchtest in 9 Monaten einen Marathon antreten: Natürlich ist es in unserer Natur, dass wir laufen können und wir sind, überzeugt, dass alle das Ziel erreichen könnten. Trotzdem versucht man als Teilnehmer stets gut vorbereitet zu sein. Durch Training – mental und physisch – versucht man bereits ein erstes Gefühl dafür zu bekommen, bestmögliche unterstützende Maßnahmen für sich herauszufinden und für mögliche Höhen und Tiefen gut gewappnet zu sein. Schließlich geht es dann im Verlauf darum sicher und gesund das Ziel zu erreichen, manchmal auch langsam gehend oder vielleicht auch mit Hilfsmitteln.

Genau aus diesem Grund, empfehlen wir dir deinen Körper mit Hilfe einer gesunden Lebensweise wie Ernährung, Sport und Stressreduktion durch die 9 Monate der Schwangerschaft zu unterstützen. Umso weiter die Schwangerschaft voranschreitet, desto mehr solltest du dir ein paar Gedanken über die Geburt machen und Vorbereitungen treffen. Dazu sehen wir den Mutterschutz als ideale Schwelle. Dieser Zeitpunkt eignet sich einen Geburtsvorbereitungskurs zu besuchen, vermehrt über das Thema Geburt zu lesen und deinem Körper und deiner Seele mehr Aufmerksamkeit zu schenken, sowie letzte Vorbereitungen vorzunehmen.

Dies kommt meist instinktiv durch den sogenannten „Nestbautrieb“.

Die letzten Wochen vor der Geburt

Ideal ist es nun vorzusorgen, wie das Kochen und Einfrieren von wärmenden Speisen, wie beispielsweise lange gekochten Hühnersuppen oder Gemüsebrühen oder Eintöpfen. Auch Personen, die im Haushalt helfen oder dich bekochen möchten sind herzlich willkommen. Das Sprichwort „Mothering the Mother“ umfasst genau dieses Stärken der Kraftressourcen der (werdenden) Mutter.

Dein Körper verlangt nun ebenso Zuneigung, und möchte sich in ruhiger Atmosphäre noch viel entspannen und ausruhen, um bei der Geburt tatkräftig seine Arbeit zu verrichten. Daher sollte in den letzten 4 Wochen vor der Geburt nicht zu viel geplant sein und ein gutes Mittelmaß an Schlaf und körperlicher Betätigung wie Spaziergänge, Yoga oder Schwangerschaftsgymnastik angedacht werden. Aber auch die mentale Ebene deines Körpers sollte sich gut auf die Geburt einstellen, innerliche Ruhe finden und geduldig sein- denn Geduld ist die Tugend der Geburt.

UNSERE HEBAMMENTIPPS:

Um aktiv deinen Körper und Seele zu unterstützen, gibt es einige Möglichkeiten, welche auch in Kombination anwendet, werden können. Wichtig ist es, sich mit den Maßnahmen wohlzufühlen und sich auch nochmal mit der betreuenden Hebamme oder dem Gynäkologen abzusprechen.

Mentale Vorbereitung:

Zeit für die Seele ist ein sehr wichtiges Element der Vorbereitung, da unsere Einstellung und unsere Gedanken viele Funktionen des Körpers beeinflussen können. Sicherheitsgefühl und positive Einstellung lassen es einfacher zu, sich zu entspannen und auf eine neue Situation einzulassen. Was kann man also tun, um sich mental gut auf die Geburt vorzubereiten?

Zunächst einmal fällt der Erwerb von Wissen, Entspannungsübungen, Meditation, Hypnose und positive Affirmationen unter diesen Punkt. Was das nun alles im Detail bedeutet?

Informationen rund um die Geburt sammeln

Das Sammeln von fachlich korrekten Informationen, besteht unter anderem aus dem Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses, Lesen von Büchern, Lesen in Medien und auch das Schauen von Videos, wobei hier anzumerken ist, dass sich das Internet nur in wenigen Fällen als sinnvoll erweist. Im Internet findet man immer wieder Falschinformationen, was wiederum zum Gegenteil – nämlich zu Verunsicherung führt.

Mentale Entspannung

Entspannungsübungen und Meditation helfen vor allem in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren, Eindrücke zu verarbeiten und mit körperlicher Anstrengung und der Kraft des Körpers leichter klarzukommen. Auch fällt es häufig leichter alles, um sich herum auszublenden und sich auf die „zu verrichtende“ Arbeit zu fokussieren. In Kombination mit Yoga übt man bereits den Einsatz von Konzentration, Entspannung und Atmung unter körperlicher Anstrengung.Entspannung und Meditation wird zunächst am besten in Ruhe geübt, mittels angenehmer Musik und auch gerne mit anleitenden Worten – um die Gedanken und das Vorstellungsvermögen anzuregen und abzutauchen. Auf einer ähnlichen Basis beruht auch die Hypnose, welche in Bezug auf die Geburt oft mit dem Wort Hypnobirthing benannt wird. Hypnose ist nicht die klassische Fernsehshow, bei der man beeinflusst wird, etwas zu tun. Sie ist vielmehr eine Tiefenentspannung, ein sehr angenehmer Zustand, welchen jeder Mensch täglich erlebt- es ist dieser Zustand kurz bevor man einschläft, wenn man da liegt und im Hintergrund noch etwas hört, sich aber schwer und müde fühlt- kurz vor dem Einschlafen. Selbsthypnose ist grundsätzlich sehr leicht zu erlernen, und kann dir helfen unter der Geburt sehr schnell in diese wohlige Tiefenentspannung zu kommen.

Positive Affirmationen

Vor allem positive Affirmationen und Gedanken, solltest du dir in den letzten Wochen der Schwangerschaft einprägen. Dies ist motivierend und beeinflusst deine Gedanken unter der Geburt. Sag dir dazu immer wieder, für dich passende und ausgewählte, Sätze vor, lass sie dir vorlesen oder verziere sie schön und hänge sie in deiner Wohnung und später im Geburtszimmer auf.

 

Körperliche Vorbereitung

Während der gesamten Schwangerschaft:

Yoga (hier vor allem die Bauchatmung und Entspannungs-, sowie auch Dehnübungen), Bewegung und Sport. Bewegung sollte so gewählt werden, wie sie sich für dich gut anfühlt. Sprich: Wenn du schon vor der Schwangerschaft viel Sport gemacht hast, kannst du dies natürlich gerne in Absprache mit deiner Hebamme/deiner*deinem Frauenärzt*in weitermachen. Hast du jedoch davor keinen Sport betrieben, so empfiehlt es sich nicht, jetzt damit anzufangen. Stattdessen solltest du einmal täglich Spazieren gehen, oder unter fachlicher Anleitung gerne auch mit Schwangerschaftsyoga beginnen.

Beckenbodentraining sollte auf jeden Fall in deinen Alltag eingebaut werden, um die Wahrscheinlichkeit einer Inkontinenz nach der Geburt zu reduzieren. Dazu eignen sich bereits 5 Minuten täglich.

32.- 34. Schwangerschaftswoche

Louwen-Ernährungsweise

Umso näher dein Geburtstermin rückt, umso eher empfehlen wir dir auf raffinierten Zucker und Produkte aus stark verarbeitetem weißem Mehl zu verzichten. Dies soll bewirken, dass du nicht zu lange über den Geburtstermin gehst, die Geburt „leichter“ verläuft und die Wehen somit als weniger schmerzhaft empfunden werden, als auch dass es „schneller“ richtig losgeht. 

Erforscht wurde dies durch Prof. Dr. med Frank Louwen und wird häufig fälschlicherweise als Diät bezeichnet. Dr Louwen bevorzugt jedoch eher die Bezeichnung einer Ernährungsweise, da es hierbei nicht um die Gewichtsreduktion geht. Er empfiehlt etwa in der 32.- 34.Schwangerschaftswoche bis hin zur Geburt zu starten.

ab der ca 36. SSW:

Vermeiden von Vaginalinfektionen/ Pilzinfektionen: Gerade in einer Schwangerschaft neigen Frauen vermehrt dazu Pilzinfektionen zu bekommen. Dies lässt sich durch das veränderte Scheidenmilieu erklären. Um einen Pilz, während er Geburt zu vermeiden, sollten in den letzten Wochen vermehrt ein paar Vorkehrungen getroffen werden: Die Verwendung von pH-neutralisierenden Intimseifen, das Tragen von Baumwoll- oder Seidenunterhosen und keine synthetische Wäsche, sowie auch das Tragen von Baumwoll-Slipeinlagen. Sonst sollte man Stress und ungesunde zuckerreiche Ernährung meiden, aber auch regelmäßiges Beckenbodentraining führt zu einer verbesserten Durchblutung und stärkt das Immunsystem. Zur konkreten Vorbeugungstherapie zählt die Verwendung von Milchsäurebakterien: 1 Teelöffel Joghurt am Abend in die Scheide streichen und am Morgen wieder gründlich abwaschen, oder die Verwendung von Scheidenzäpfchen mit Milchsäurebakterien. Treten nun doch Anzeichen eines Vaginalpilzes auf, so solltest du umgehend deine*n Frauenärzt*in oder deine Hebamme aufsuchen und ehest möglich mit einer Therapie beginnen.

Dammmassage: Diese Massage des Dammgewebes, also zwischen dem hinteren Scheidenausgang und dem After, reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Dammverletzung bei der Geburt. Durch das Massieren von dir selbst oder durch deine*n Partner*in mit Öl wird die Durchblutung gesteigert und somit die Elastizität erhöht – der Damm wird zunehmend weicher und dehnfähiger. Eine solche Massage führt man folgendermaßen durch: Ein wenig Öl und dehnende Massagen sind der Schlüssel zum Erfolg. Dazu nimmt man zunächst einen und bald 2 oder 3 Finger, und fasst den Damm an – etwa 3cm tief in die Scheide. Nun massiert und dehnt man das Gewebe U-förmig mit einem leichten Druck in Richtung Darm. Zu Beginn kann es zwar etwas unangenehm sein, sollte jedoch nicht schmerzen. Eine Empfehlung wäre dies etwa 3 Minuten täglich durchzuführen, und du wirst bald einen Unterschied merken. Geeignete Öle, wie spezielle Dammmassageöle oder neutrales Mandel- oder Jojobaöl findets du im Drogeriemarkt. 

Himbeerbeerblättertee: 2-3 Tassen pro Tag (2x 1,2g pro Tag= 1EL/ Tasse). Mittlerweile gibt es bereits vereinzelte Studien, aber auf diese Kräuter schwören Hebammen schon sehr lange. Man sagt ihnen die Eigenschaften nach, die Muskulatur des kleinen Beckens stark aufzulockern. Studien weisen eine Verkürzung der Austrittsphase und Reduktion von interventionellen Geburten nach.  Aber Achtung, bei bestehender Verstopfung, kann sich diese verstärken.

Eine regelmäßige Verdauung: Achte am Ende der Schwangerschaft gut auf deine Verdauung und lass dich von kleinen Hausmittelchen wie Leinsamen (täglich 1 Löffel geschroteter Leinsamen für eine stuhlregulierende Wirkung) oder eingelegten Zwetschgen unterstützen. Bei der Einnahme sollte man jedoch unbedingt auf ausreichend Flüssigkeit achten, da es sonst zu einer gegenteiligen Wirkung kommen kann.

Datteln essen: Datteln spielen eine große Rolle in der Produktion des Hormons Prostaglandin, welches dem Körper Energie bringt und die Gebärmuttermuskulatur stärkt. Die Frucht unterstützt, aber auch weitere Hormone, wie das Oxytocin, welches für die Produktion von Wehen zuständig ist. Studien jedenfalls haben gezeigt, dass sich ein Konsum von etwa 6-7 Stk (70-76g) Datteln 4 Wochen vor dem Geburtstermin positiv auf die Geburt auswirken kann. Sie können sowohl den spontanen Wehenbeginn, eine kürzere Geburtsdauer, als auch einen reduzierten Gebrauch von Wehenmitteln beeinflussen.

Akupunktur/ TCM: Vorbereitende Akupunktur ab der 36. SSW einmal wöchentlich kann sich deutlich positiv auf deine Geburt auswirken. Studien zeigten, dass gerade beim ersten Baby die Öffnung des Muttermundes nach Akupunktur schneller von Statten geht, und somit die Geburtsdauer verkürzt werden kann. Eine günstigere Wehenkoordination verringert auch den Gebrauch von Wehenmitteln. Vor allem bei Terminüberschreitung kann Akupunktur die Wehentätigkeit anregen. Gerne kann Akupunktur auch unter der Geburt angewandt werden.

ab der 38. SSW:

Heublumendampfbad: Dies soll helfen das Gewebe weich und geschmeidig werden zu lassen. Es empfiehlt sich dieses Dampfbad einmal wöchentlich vorzunehmen. Und wie? Nimm dazu einen kleinen Topf oder Ähnliches, gib eine Handvoll getrocknete Heublumen hinein und übergieße diese mit kochend heißem Wasser. Stelle nun den Topf in dein WC oder in ein Bidet, setzte dich untenrum unbekleidet darüber und lasse den Dampf einziehen. Vorsicht jedoch bei Heuschnupfenallergie!

Wie bereits erwähnt, gibt es viele Möglichkeiten Körper und Seele bei den Vorbereitungen auf die Geburt zu unterstützen, dennoch ist jeder Mensch in seinen Bedürfnissen individuell. Daher gilt: Suche dir die Maßnahmen heraus, die für dich gut und machbar klingen, probiere dich durch und mach nur das, was sich für dich gut anfühlt.

Alles Liebe für DEINE Geburt.

Unsere Gast-Autorinnen

Esther und Sophie sind zwei Hebammen aus Österreich. Die gemeinsame Arbeit und Zeit in einer Wiener Klinik hat die beiden so sehr verbunden, dass aus Kolleginnen gute Freundinnen wurden. Anlässlich der Corona Pandemie und dem Umzug von Esther nach Linz, haben die beiden beschlossen, einen kompakten, aber umfangreichen online Geburtsvorbereitungskurs für werdende Eltern zu entwickeln und aufzunehmen.

Während Esther derzeit in einer Linzer Klinik zwischen Kreißsaal, Wochenbett und Ambulanz wechselt und auch Mama eines kleinen Sohnes ist, arbeitet Sophie noch im gleichen Krankenhaus in Wien im Kreißsaal und der Ambulanz, und studiert nebenher „Public Health“. Die beiden sind auch freiberuflich in der Schwangerenvorsorge und Wochenbettnachsorge in ihrer jeweiligen Umgebung tätig.

Die beiden Hebammen sind auch auf Instagram mit ihrem Account _informed.motherhood_ unterwegs, und ihren online Geburtsvorbereitungskurs findet ihr unter www.informed-motherhood.at.

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