Manchmal meldet sich der Körper früher als gedacht: Der Bauch wird hart, es zieht nach unten oder die Bewegungen fühlen sich ungewöhnlich an. Solche Empfindungen können beunruhigen – doch nicht jede Wehe bedeutet gleich, dass die Geburt losgeht. In diesem Beitrag erfährst du, was vorzeitige Wehen sind, woran du sie erkennst, und wie du richtig reagierst.
Was sind vorzeitige Wehen?
Unter dem Begriff „Wehen“ versteht man Kontraktionen – also das rhythmische Zusammenziehen – der Gebärmuttermuskulatur. Diese Bewegungen begleiten eine Schwangerschaft von Anfang an, verändern aber im Laufe der Zeit Charakter und Wirkung.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Wehen, die den Muttermund öffnen (also geburtswirksam sind), und solchen, die lediglich als Vorbereitung auf die Geburt dienen.
Im Verlauf der Schwangerschaft treten verschiedene Arten von Wehen auf:
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Schwangerschaftswehen (Braxton-Hicks-Kontraktionen oder Alvarez-Wellen): Sie können ab dem 2. Trimester auftreten und fühlen sich meist wie ein kurzes, schmerzloses Hartwerden des Bauches an. Diese Wehen kommen sporadisch vor, sind unregelmäßig und nicht muttermundswirksam. Sie dienen vor allem der Förderung der Durchblutung in der Gebärmutter.
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Vor- oder Senkwehen: Etwa ab der 36. Schwangerschaftswoche kann sich der Bauch „senken“. Diese Wehen sind meist etwas kräftiger, aber weiterhin unregelmäßig spürbar- zirka 1-2 Wehen pro Stunde mit zunehmender Koordination. Sie helfen, das Baby tiefer ins Becken zu bringen und die Geburtswege langsam auf die Geburt vorzubereiten.
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Vorzeitige Wehen: Von vorzeitigen Wehen spricht man, wenn regelmäßige oder gehäufte, teils schmerzhafte Kontraktionen vor der 36.** Schwangerschaftswoche auftreten. Diese Wehen können – ohne medizinische Maßnahmen – eine Geburt früher als erwartet in Gang setzen. Wie stark und wie häufig sie wahrgenommen werden, ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Ein Richtwert ist, dass bei etwa 20 oder mehr Kontraktionen pro Tag dein*e Frauenärzt*in oder ein Krankenhaus ausgesucht werden sollte- dazu aber unten mehr.
Warum treten vorzeitige Wehen auf?
Vorzeitige Wehen können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Manche Frauen/ Schwangerschaften bringen bereits ein erhöhtes Risiko mit, und in manchen Schwangerschaften ergeben sich Risiken oder Auslöser im Verlauf.
Erhöhtes Grundrisiko:
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vorherige Früh- oder Totgeburten/ Fehlgeburten
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Mehrlingsschwangerschaftern
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Sehr junges (unter 18 Jahre) und höheres Alter (>35 Jahre) in der Schwangerschaft
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Rauchen
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Fehlentwicklungen oder Fehlbildungen der Plazenta, des Gebärmutterhalses oder der Gebärmutter selbst
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Mütterliche Erkrankungen: schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck, Diabetes, Fieber, Depressionen, Präeklampsie, chronische Entzündungen
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Ungünstige (soziale) Lebensbedingungen: Schlechte Schulbildung, Arbeitslosigkeit, Alleinstehend, Ungewollte Schwangerschaft, häusliche Gewalt
Risiken während einer Schwangerschaft:
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Vaginale Infektionen und Harnwegsinfektionen
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Körperliche Überlastung
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starker, übermäßiger Stress oder psychische Belastungen
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Über- oder Untergewicht, Mangelernährung oder Nährstoffmangel
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Ungesunde Ernährung und Lebensweise (falsche Ernährung, Alkohol- oder Nikotinkonsum)
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zu viel Fruchtwasser (Polyhydramnion)
Wie kannst du vorbeugen?
Entsprechend der angeführten Ursachen kann man nur teilweise vorzeitigen Wehen und einer Frühgeburt vorbeugen – aber du kannst einiges tun, um dein Risiko zu senken: Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Ruhe und eine gesunde Lebensweise unterstützen deinen Körper optimal. Die Vorbeugung von vaginalen Infektionen, durch angepasste Körperhygiene, kann ebenso eine wichtige Rolle spielen.
Vermeide auch sicherheitshalber die folgenden möglichweise wehenanregenden Kräuter und Gewürze: Basilikum, Ingwer, Nelke, Kardamom, echtes Eisenkraut, Zimt, Campher, japanische Minze und Thuja.
Achte auf dich, höre auf Signale dies Körpers und meide körperliche Überlastung, wie schweres Heben oder übermäßige Anstrengung. Auch deine psychische Gesundheit spielt eine große Rolle – versuche viel Stress und Belastungen zu vermeiden, und such dir frühzeitig Unterstützung.
💡 Mein Tipp: Lass dich schon in der Schwangerschaft begleiten, nutze Ressourcen und achte gut auf dich selbst – dein Körper zeigt dir meist sehr deutlich, was er braucht.
Wie sollte man reagieren, wenn man vorzeitige Wehen verspürt?
Solltest du vor der 36. Schwangerschaftswoche…
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Regelmäßige (auch wenn „nur“ alle 20-30 Minuten)
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und/ oder schmerzhafte oder unangenehme
Kontraktionen, ein Ziehen oder Druck nach unten verspüren, so suche bitte rasch je nach Häufigkeit und Intensität deine*n Frauenärzt*in oder ein Krankenhaus auf oder rufe im Zweifel den Rettungsdienst.
Was passiert in der Klinik?
Im Krankenhaus wird man dann versuchen herauszufinden, ob es sich um geburtsfördernde Wehen handelt. Dazu werden einige Hintergrundfragen gestellt und verschiedene Untersuchungen durchgeführt, wie…
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ein CTG zur Aufzeichnung von Herztönen und Wehenhäufigkeit
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ein vaginaler und/oder abdominaler Ultraschall (oder je nach Schwangerschaftswoche eine vaginale Tastuntersuchung),
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Infektabklärung mittels Vaginalabstrich und/ oder Bluttests,
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sowie gegebenenfalls ein Frühgeburts-Schnelltest
Auf Basis dieser Ergebnisse wird man dann gemeinsam mit dir über das weitere Vorgehen individuell entscheiden. Manchmal ist körperliche Überanstrengung die Ursache und eine Geburt steht noch nicht bevor. In solchen Fällen wird meist Schonung empfohlen und engmaschigere Kontrollen vereinbart.
In anderen Fällen ist es notwendig die Situation mal zu beobachten und man wird dir eine Aufnahme im Krankenhaus anraten. Wenn sich konkrete Anzeichen für eine beginnende Geburt zeigen, können je nach Schwangerschaftswoche wehenhemmende Medikamente sowie ein Medikament zur Reifung der Lungen des Babys, für den Fall einer Frühgeburt, verabreicht werden. Weiters kann bei einer Infektion eine Therapie mit Antibiotika sinnvoll sein. Unterstützend erhalten Frauen auch häufig hormonelle Präparate mit Progesteron und Magnesium, um die Entspannung der Gebärmutter zu unterstützen.
Auch alternative, begleitende Maßnahmen wie homöopathisches Bryophyllum, Akupunktur oder ätherische Öle (z. B. in einer Mischung aus Lavendel, Linaloeholz und Majoran) können zur Entspannung beitragen. Besprich solche Möglichkeiten am besten mit deiner*deinem Ärzt*in oder Hebamme.
Wichtig ist jetzt vor allem: körperliche und seelische Ruhe. Auch auf vaginalen Geschlechtsverkehr sollte durch den hormonellen Einfluss verzichtet werden. Eine Krankschreibung oder ein vorzeitiger Mutterschutz sind in dieser Situation ebenso oft sinnvoll.
Angst, Unsicherheit & Unterstützung
Vorzeitige Wehen können Angst machen – und das ist völlig verständlich. Viele Schwangere erleben in dieser Zeit Unsicherheit, Sorgen um ihr Baby und das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren.
Wichtig ist: Diese Gefühle sind normal. Dein Körper und dein Baby brauchen jetzt vor allem Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit – und du darfst dir dafür Unterstützung holen.
Sprich offen mit deinem*deiner Partner*in, deiner Familie oder engen Freund*innen – sie können dir helfen, dich emotional zu entlasten. Manchmal reicht schon ein offenes Ohr oder praktische Hilfe im Alltag, um dich zu stabilisieren.
Scheue dich aber nicht, psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Emotionale Entlastung ist genauso wichtig wie medizinische Betreuung und kann dir helfen, mit mehr Vertrauen und Ruhe durch diese Phase zu gehen.
Fazit: Vorzeitige Wehen können verunsichern – und das völlig verständlich. In den meisten Fällen lässt sich die Situation jedoch gut stabilisieren, wenn frühzeitig reagiert wird. Höre auf deinen Körper, gönn dir Ruhe und suche lieber einmal zu viel Rücksprache mit deinem*deiner Ärzt*in oder Hebamme.
Mit der richtigen Unterstützung – medizinisch, emotional und familiär – kann dein Körper häufig Ruhe finden und die Schwangerschaft noch eine Weile fortsetzen. Sollte dein Baby dennoch früher zur Welt kommen, wird es liebevoll und kompetent versorgt – und ihr werdet diesen Start gemeinsam schaffen.
Quellen: Stadelmann, I. (2005). Die Hebammensprechstunde. 8. Korr. Auflage, Stadelmann Verlag, Wiggensbach. Stiefel, A., Geist, Ch. & Harder, U. (2013). Hebammenkunde. Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. 5. Überarbeitete und erweiterte Auflage, Hippokrates Verlag, Stuttgart.

Unsere Gast-Autorinnen
Esther und Sophie sind zwei Hebammen aus Österreich. Die gemeinsame Arbeit und Zeit in einer Wiener Klinik hat die beiden so sehr verbunden, dass aus Kolleginnen gute Freundinnen wurden. Anlässlich der Corona Pandemie und dem Umzug von Esther nach Linz, haben die beiden beschlossen, einen kompakten, aber umfangreichen online Geburtsvorbereitungskurs für werdende Eltern zu entwickeln und aufzunehmen.
Während Esther derzeit in einer Linzer Klinik zwischen Kreißsaal, Wochenbett und Ambulanz wechselt und auch Mama eines kleinen Sohnes ist, arbeitet Sophie noch im gleichen Krankenhaus in Wien im Kreißsaal und der Ambulanz, und studiert nebenher „Public Health“. Die beiden sind auch freiberuflich in der Schwangerenvorsorge und Wochenbettnachsorge in ihrer jeweiligen Umgebung tätig.
Die beiden Hebammen sind auch auf Instagram mit ihrem Account _informed.motherhood_ unterwegs, und ihren online Geburtsvorbereitungskurs findet ihr unter www.informed-motherhood.at.
