1. WILLKOMMEN
“Hallo und herzlich willkommen” Du hast dich entschieden, es ist soweit:
Wir fahren los!
Nach Ankunft an der Geburtsklinik deiner Wahl ist es allgemein üblich, zunächst an der Tür zu klingeln. Entweder wird über die Türsprechanlage kurz mit dir gesprochen oder eine Kollegin öffnet euch die Tür. Um dich und deine Situation gut einschätzen zu können, werden dir in der Regel die folgenden Fragen gestellt:
• Wie viele Kinder haben Sie bereits geboren?
• Seit wann haben Sie Wehen?
• Hatten Sie bereits einen Blasensprung?
• Wenn ja, wann war der Blasensprung und wie war die Farbe des Fruchtwassers?
• Spüren Sie Ihr Kind regelmäßig?
• Haben Sie Blutung
2. STATUS QUO: Wehen und Muttermundsbefund
Die Hebammenkollegin oder medizinische Fachangestellte wird dich spätestens jetzt sicherlich nach deinem Mutterpass und der Versicherungskarte fragen. Anschließend wirst du in der Regel aufgefordert, nochmal aufs WC zu gehen. Danach trifft man sich in einem der Untersuchungsräume. Je nach Raumsituation muss dein:e Partner:in zu diesem Zeitpunkt manchmal noch draußen warten oder darf dich begleiten.
Nun wird zunächst ein CTG (Cardiotokografie) von etwa 30 Minuten geschrieben. Je nach Intensität deiner Wehen und deinem Befinden wird die vaginale Untersuchung zur Bestimmung des Muttermundsbefunds entweder vor, parallel oder im Anschluss an das CTG durchgeführt. Hattest du einen Blasensprung? In diesem Fall wird dies bei der Untersuchung ebenfalls überprüft.
3. ENTSCHEIDUNG
Ist es der richtige Zeitpunkt für den Kreißsaal? Wie fühlst du dich? Benötigst du Unterstützung bei der Wehenarbeit? Wie geht es deinem Baby während der Wehen und was sagt die CTG-Interpretation aus? Was wurde durch die vaginale Untersuchung als Befund erhoben? Hattest du einen Blasensprung, ja oder nein? Was sagen die Blutuntersuchungen im Verlauf deiner Schwangerschaft – also die sogenannte Serologie – und wie hat sich deine Schwangerschaft insgesamt entwickelt? Gibt es Besonderheiten oder Auffälligkeiten, zum Beispiel einen festgestellten Schwangerschaftsdiabetes?
Anhand der Antworten auf diese Fragen wird gemeinsam mit dir entschieden, ob der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um gemeinsam mit deine:m Parter:in in den Kreißsaal zu gehen.
Je nach Klinikstandards/Kreißsaal erhältst du noch einen venösen Zugang Blutentnahme erfolgt bei Blasensprung.
4. NACH HAUSE: Sei stolz auf dich – du hast viel geleistet
Wenn die Kollegin dir empfiehlt, noch einmal spazieren zu gehen oder sogar nach Hause zu fahren, ist das gut gemeinter Rat. Statt enttäuscht zu sein, sei stolz auf dich und deinen Körper und was er bereits geleistet hat. Mach dir das bitte bewusst. Es ist jedoch auch wichtig – vor allem beim ersten Kind – nicht zu früh in den Kreißsaal zu gehen. Du befindest dich noch in der Latenzphase, einer entscheidenden “sehr heiligen” Phase der Geburt. In dieser Phase ist es wichtig, so wenig wie möglich von „außen” zu tun, was im Kliniksetting nicht immer ganz einfach ist, schließlich will man dir helfen. Vertraue gern der Kollegin und ihrer Empfehlung oder folge deinem Körpergefühl und deiner Intuition und bleibe bewusst vor Ort, was ebenfalls in Ordnung ist.
5. LATENZPHASE: Wow! Du hast bereits so viel geleistet!
Sicherlich lag dein Muttermundsbefund zwischen 1 und 4 cm und du bist nun wieder auf dem Weg nach Hause. Wow! Du hast bereits so viel geschafft!
Jetzt lässt du dich bitte auf die nächsten Schritte ein, die nächsten Wehen, die nächsten Pausen und das weitere Vorankommen. Wichtig ist, keinen falschen Aktionismus zu zeigen und dein Pulver vorzeitig zu verschießen. Steige daher bitte nicht unzählige Treppen und verausgabe dich. Ja, Bewegung ist wichtig, aber auch die Erholung. Es sollte eine gesunde Mischung aus beidem sein.
Wir Hebammen vergleichen die Geburt gerne mit einem Marathon: Wenn du dich in den ersten 20 km schon verausgabt hast, reicht die Kraft kaum noch bis zur Ziellinie! Teile dir deine Kräfte gut ein!
6 “EINZUG” KREISSSAAL: Loslassen. Fallenlassen und Hingabe
Die Entscheidung ist getroffen: Es geht in den Kreißsaal! Dein:e Partner:in kümmert sich um die Taschen und richtet den Raum für euch ein. Holt eure Sachen heraus, um den Geburtsraum persönlicher zu gestalten. Zieh dir bequeme Kleidung an und dimmt das Licht. Vielleicht habt ihr eine Musikbox mit einer Wunschplaylist oder eine Duftlampe dabei. Dort, wo du dich wohlfühlst, kannst du das wichtige „Liebeshormon” Oxytocin entwickeln. Lass dich fallen und gib dich deiner Geburt hin. Spüre in dich hinein und folge deinem Körpergefühl!
In meinen Kursen sage ich immer: In meinen Kursen sage ich immer: Gute Orgasmen entstehen, wenn man sich fallen lässt. Auch bei der Geburt geht es genau darum – ums Loslassen, ums Spüren, ums Vertrauen in deinen Körper. Du bist ganz da – in deiner Kraft, in deinem Moment.

Unsere Gast-Autorin
Romy Kleinert ist Hebamme in Berlin und arbeitet in einem Kreißsaal mit angeschlossener Kinderintensivstation. Parallel ist sie freiberuflich in einer gynäkologischen Praxis tätig, gibt Geburtsvorbereitungskurse und betreut Eltern vor und nach der Geburt. Außerdem hat sie das Label „Midwife-Club“ ins Leben gerufen, unter dessem Namen sie liebevoll bestickte und bedruckte Kleidung für Hebammen entwirft und verkauft. Bei Instagram ist Romy als #hauptstadt-hebamme unterwegs.